Konya, Hauptstadt der Seldschuken im 13ten Jahrhundert, ist Anziehungspunkt der armenischen und römischen (Ostrom, Byzanz) Steinmetze, die neuen Herren, die aus den Steppen Zentralasiens kamen, sind fleißige Baumeister. Moscheen, Paläste, Bäder und Herrensitze entstehen, großartige Karawansereien werden errichtet, Arbeit ist angesagt für sie den Stein so wunderbar bearbeitenden Künstler der dortigen Welt. So entsteht auch hier, genau wie im Norden Spaniens, eine christlich- islamische Mischkunst von großer Ausdruckskraft und endloser Schönheit.
Konya, Inche Minare Moschee mit exotischen und ungewöhnlichen Details
Der Palast der Fürsten von Konya ist nur in wenigen Fragmenten auf uns gekommen, aber diese wenigen Reste zeigen bereits, dass die Seldjuken große Freunde profaner und durch Fabelwesen und Naturdarstellungen gewürzte Bauwerke waren. Schimären, Engel und vor allem gekrönte Mensch- Vogelwesen gehören zu ihrem Grundinventar, wunderbare durch ihre Begegnung mit Persien beeinflusste neue Arabeskenformen und endlos neue Ziermuster schmücken ihre Bauwerke, die Ornamente der Moscheen von Konya, Sivas und vor allem der unglaublichen Moschee von Divrigi sind kostbarste Zeugnisse dieser barock überbordenden und nie verstandenen Gestaltungskunst. ( Siehe Galerie/Türkei, Seldjuken)
Konya, Detail des Palastdekors
Norawank, Schimäre mit Krone
Christus umgeben von islamischen Achtecksternen, siehe Zeichung oben, Norawank
Wenn eine eigentlich Nomadisch strukturierte Gesellschaft sesshaft wird, muss sie sich an den gegebenen Umständen orientieren und auf die vorgegebenen Umstände zurückgreifen. Steinmetzte gehören nicht zu einem in Jurten oder Zelten lebenden Volksgemeinschaft, aber in einem eher christlich orientiertem Gebiet, welches durch islamische Stämme besiedelt bzw. erobert wird, gibt es natürlich endlose Handwerker, auf die man bei seinen eigenen Bauwünschen zurückgreifen kann. Diese werden sich schnell den neuen Herren anpassen, den ihre Kinder verlangen nach Bort und welcher Religion ihr Arbeitgeber angehört wird sekundär. So nimmt es nicht wunder, dass Formen und Symbole der Christen sich in islamische Bauwerke einschleichen, gleichzeitig ist der Sakralbau des Islam anderen Vorstellungen und Vorschriften unterworfen als die Kirchenbauten der Christen. Diese Vorschriften hat der christliche oder ehemals christliche Steinmetz also zu beachten, wird sich für ihn neue Muster und Ornamente, Kalligraphie und Symbole aneignen.
Islamisches Dekor in Norawank
Arabeskenmuster in Norawank
Kreuzstein mit islamischem Achteckstern
Als nun nach dem Mongolensturm, welcher das Seljukenreich vernichtet und auch in Armenien die Klöster zerstört, dort unter der Orbeliandynastie mit dem Wiederaufbau begonnen wird, wandern teilweise die Steinmetze des byzantinischen und des ehemaligen seldjukischen Reiches (oftmals sind sie ja selbst Armenier) in Armenien ein und bringen nun wiederum ihre islamischen Muster mit. So entsteht der einmalige Mischstil, den wir an den armenischen Kirchen des Mittelalters so bewundern.
Kloster Norawank
Nicht nur in Norawank sieht man diese besondere Stilmischung, an vielen Kreuzen und Kirchen im ganzen Lande ähneln die Ornamente der armenischen Christen bis ins Detail ihren islamischen Vorbildern. Rosetten an den Hochkreuzen, Vogelfabelwesen in den Nischen, Löwe und Stier im Zweikampf (ein persisches Motiv, welches auch an Osttürkischen Moscheen zu sehen ist), Wandpaneele und Türumrahmungen sprechen die gleiche Sprache. In dieser Mischung liegt das Geheimnis der armenischen Sakralkunst, und nur dank dieser vor allem armenischen Kunsthandwerker wurde die von Symbolen durchsetze Seljdukenkunst zu dem was sie ist.
Geghard, Armenien, Löwe und Stier
Das gleiche Motiv, Seldjukenmoschee von Dyabakir
Das Urbild in Persepolis