Al-Andalus, das Land der germanischen Vandalen, welche von den Westgoten, den Visigoten vertrieben wurden, war lange Zeit das große Vorbild für das restliche Europa. Kaum hatten die Araber es mehr aus Zufall im Jahre 711 erobert, begannen sie, das herrliche Land umzukrempeln und in einen blühenden Garten verwandeln, ihre landwirtschaftlichen Techniken waren dem Abendland weit voraus, ihre Bildung unübertroffen, ihr ärztliches Wissen für die damalige Zeit einmalig. Und ihre Toleranz, zumindest bis sich die Berberstämme Nordafrikas mit ihren Heerscharen über das zivilisierte Cordoba warfen, geradezu sprichwörtlich.
Als Cordoba schließlich im Jahre 1236 von Ferdinand III, dem Vater Alphonsos, erobert wurde, war es damit aber auch nicht schlagartig vorbei. Alphons X, den die Spanier den Weisen nannten, setzte fort, was die Mauren begonnen hatten, ehrliche Dialoge zwischen Juden, Christen und Muslimen waren immer noch möglich. Dieser auch mit dem Stauferhause verwandte König und Anwärter auf den deutschen Kaiserthron ließ den Koran und den Talmud ins Lateinische übersetzen, erlaubte die Übersetzung der Vulgata ins Kastilische, alles außergewöhnliche Dinge, seiner (christlichen) Zeit weit voraus. Sein Zusammenschluss des Königreiches von dem von ihm eroberten Königreich von Murcia mit Kastilien brachte ihm nicht nur prächtige Gewinne durch die Seidenwerkstätten Murcias, auch ließ er Gelehrte der anderen monotheistischen Religionen gemeinsam mit Christen an der von ihm und dem arabischen Philosophen Mohammed Al-Rikuti gegründeten Universität von Murcia lehren.
Wir reisen durch ein Land, welches noch heute den Geist des Islam in sich trägt. In der Alhambra spürt man die geistige und physische Schönheit ihrer Erbauer, kein Monument Spaniens zieht so viele begeisterte Besucher an wie dieses Märchen aus 1001 Nacht. In ihren Mauern, in ihren Höfen und unter den herrlichen Decken sollte man Muße haben, die arabischen Philosophen des westlichen Kaliphats zu lesen, sollte man den Worten von Ibn Rushd (Averroes) und Ibn Arabis lauschen, sollte diese edlen Aussagen und Worte den Besuchern mitgeben, damit das, was sie hier spüren, nicht im Alltag wieder verloren geht.
In Cordoba, wo die schönste Moschee der Welt ihr Zuhause hatte, gibt es einen kleinen Turm, der so gut wie nie besucht wird. Hier findet sich das Museum der Andalusischen Zivilisation. Im Torre de Calahorra begegnet man den weisen Männern des Morgenlandes, lauscht den Worten der oben genannten Philosophen, denen des Alphons und denen des großen Ibn Ben-Maimon, den wir Maimondes nennen. Diese Worte sind heute wichtiger denn je, im Hinblick auf die täglichen Diskussionen über Islam und unser Verhältnis als angebliche Christen zu dieser großen Religion.
„Oh mein Christus, der du sie alle annimmst, Christen, Juden, Mauren, wenn nur Ihr Glaube auf Gott gerichtet ist.“
„Es sollen die Mauren unter den Christen ihren Glauben leben dürfen, den unseren aber nicht beleidigen“
Alphons der Weise von Kastilien
„Mein Herz ist fähig geworden, alle Formen anzunehmen,
Weide für die Gazellen und Kloster für die Christen,
Tempel für die Götzen und Pilger zur Kasbah,
Tafeln der Thora und Buch des Koran.
Meine Religion ist Liebe:
Ganz gleich, wohin die Karawane der Liebe zieht
Ihr Weg ist der Weg meines Glaubens.“
Ibn Arabi