Irgendwo hat Djuna Barnes ja Recht, was will man nur in AfrikaJ. Im März des Jahres 2016 gleich dreimal, aber warum um des Himmels willen fängt man da mit dem Senegal an? Begonnen hat alles mit Turkish Airlines, bislang eine der wenigen Airlines, an denen ich nichts auszusetzen hatte. Aber das der Flug Istanbul Dakar über Nouakchott geht und zudem alkoholfrei ist, war nicht angekündigt und somit von Anfang an ein Desaster. Also auch mit dieser Airline in Zukunft eher nicht, denn veräppeln kann ich mich ja selber und dass für viel weniger Geld.
Der vielbesungenen Rosa See zeigt wenig von seiner namensgebenden Farbe, aber ihn in einem uralten Unimog zu umrunden, lohnt auf alle Fälle. Nicht, weil er Endstation der Rallye Paris Dakar gewesen ist, sondern weil hier seit Jahrhunderten Salz gewonnen wird. Männer stechen dieses Salz im Wasser stehen aus, laden es auf flache Pirogen und vom Strand aus schleppen Frauen es auf die Sammelhaufen. Der grandiose Strand gleich hinter den Dünen würde alle Strandabschnitte Sylts in den Schatten stellen, weit und breit findet sich kein Resort, nur Wellen, Weite und eine Piroge, von der Fischer gerade ihren Fang entladen. Ein mit Kaurimuscheln geschmücktes Pferd zieht gemächlich einen Wagen über die Dünen. Hier zu verweilen, hätte durchaus etwas Lockendes, aber es liegen noch vier Fahrstunden vor mir, schließlich will ich heute noch nach St. Louis.
Über die ja eigentlich für die Donau gedachte Pont Faidherbe geht es nach der endlosen, aber ab Thies sehr schönen Fahrt auf übrigens exzellenten Straßen Fahrt hinein in die alte Hauptstadt des Senegal und bis 1960 auch Mauretaniens. Das Hotel habe ich mir nach der Empfehlung des „Reise Know how Senegal“ selber ausgesucht, dort wird es als das beste Hotel von ganz Westafrika gelobt und besungen. Na ja, von außen macht es nicht gerade einen feudalen Eindruck. Die Rezeption mag ja noch gehen, aber das steile Treppenhaus ist mit einem so versifften Stoff anstelle eines Teppichs ausgelegt, dass man am liebsten gleich wieder umkehren möchte. Und was unser Autor als mit Antiquitäten ausgestattete Zimmer beschreibt, ist schlicht Sperrmüll. Nicht mehr und nicht weniger.
Nach dem absoluten Entsetzen über den Zustand einer Stadt, welches das Attribut Weltkulturerbe seit vielen Jahren tragen darf, kommt dann aber mit dem Anblick der endlosen bunten Holzpirogen an den Ufern des Senegalflusses dann doch noch der Moment der hellsten Begeisterung, trotz dem ganzen Dreck, den unsäglichen Müllansammlungen. Die Schönheit siegt wieder einmal über die Un- Ästhetik. Eine ganze Stadt versinkt im Dreck, aber an den Ufern ziehen sich die malerischsten Gondeln hin, welche ich je gesehen habe. Hunderte müssen es sein, bunt, grell, mit ihren Bugs auf den Strom gerichtet wir zum Angriff auf das Meer.
Von zwei Brücken aus kann man das Geschehen ungestört beobachten. Kinder spielen im Wasser, haben sich ihr eigenen kleinen Zubringerfahrzeuge gebastelt, Matrosen in modernem Gummizeug ziehen Netze ein, im späten Licht des endenden Tages leuchten die Boote in den unglaublichsten Farben, Motive über Motive, eine Kulisse für einen Film der Superlative. Jeden Moment könnte das Flugzeug von Antoine des St. Exupery auftauchen, er muss diesen Hafen vor nahezu 70 Jahren in ähnlichem Zustand gesehen haben. Nie habe ich auch nur Bilder davon gesehen, nichts hat mich auf diese Schönheit vorbereitet, stattdessen hat man mir das malerische Wunder einer Stadt versprochen, welche nur dank dieser Schiffspracht überhaupt eine Chance hat, beachtet zu werden.
Wenn die Brücke über den Senegalfluss für die Donau gebaut wurde, nimmt es ja kein Wunder, dass mir im Nationalpark von Djoudji gleich das gesamte Donaudelta begegnet. Zweimal habe ich umsonst die tausende von Pelikanen im Delta des großen europäischen Stromes gesucht und nicht gefunden, hier aber habe ich sie nicht erwartet und ich werde überfallen von Hundertschaften dieser riesigen Vögel. Gleich an der Einstiegstelle tauchen sie in großen Gruppen ab, auf ein unsichtbares Kommando hin in die grauen Fluten, lassen ihre fedrigen Bürzel in den Himmel ragen um genauso plötzlich, wie sich abgetaucht sind, alle zusammen wieder aufzutauchen. Welch wunderbare Abwechslung nach den Städten der letzten Tages.