„In Karnak war’s, wir waren hingeritten…“ So beginnt Rilkes wunderbares Gedicht über Karnak. Die Tempelstadt des Gottes Amun ist der größte und wichtigste Tempel des Neuen Reiches. Sein Allerheiligstes war das Abbild der Urinsel, Sitz der ersten Götter, sein gewaltiger und weltberühmter Säulensaal nichts als die nachgebaute Papyrusschutzhülle um den Gott unsichtbar zu machen. Hier lag das Zentrum des Reiches und die Wohnung des schwarzen Fruchtbarkeitsgottes, war das Machtzentrum der endlosen Priesterschaft, der sich der Ketzerkönig Echnaton entgegenstellte.
Wir wohnen im nostalgisch- romantischen aber leicht verwohnten Al Moudira Hotel auf dem Westufer, also im Lande der Toten, nicht allzu weit von Medinit Habu und dem großartigen Ramesseum, diese Totentempel der größten ägyptischen Könige liegen aufgereiht am Rande des fruchtbaren Gebietes, ihre dazugehörigen Gräber liegen hinter dem gewaltigen El Qorn, dem Horn, dem Sitz der Herrin, die das Schweigen liebt. (Keine Verwandtschaft zu mir festzustellen.). Dieses Lieblingshotel ist in die Jahre gekommen, aber man muss bewundern, dass Madame Zeina, die Moudira, ihre Angestellten über all die Jahre des nicht mehr vorhandenen Tourismus behalten hat.
Jahrelang war ich nicht mehr an meinem Lieblingstempel in Abydos, da man nur im Konvoi dorthin gelangen konnte. Zwar bekommen wir auch ein Polizeiauto gestellt als Schutz, aber da wir alleine sind, müssen wir nirgends Rücksicht nehmen und kommen so ohne Probleme zum Grab des Osiris. Genauso alt wie der Taltempel des Königs Chefren liegt hier die wohl archaischste Grabstätte Ägyptens. An der Seite des Herrn des schwarzen Landes und oberstem Gerichtsherrn der Totenwelt wollte sie alle begraben liegen, die frühesten Könige des alten Reiches. Der Grabkult wurde offenbar von Sethos I wiederbelebt, auch Ramses schuf hier sein erstes Großbauwerk, mit erstaunlich feinen Nuancen. Die Reliefs der Isis, welch sich von ihrem „toten „Gatten befruchten lässt in der Gestalt einer Falkin, gehört für mich zu den wichtigsten Bildern des alten Landes.
Hatchepsuts Tempel und das Tal der Könige waren nie meine Lieblinge, sind selbst heute noch völlig überlaufen, tatsächlich finden sich einige Reisegruppen aus China und endlose lärmende ägyptische Studenten, erstaunlich in dieser Jahreszeit, da deren Reisezeit sonst immer der Januar war. Aber ihnen allen ist schnell aus dem Wege gegangen und im Moudira, bei gefüllter Taube mit Firik lassen wir die Traumtage Revue passieren, erfreut, dass die Frau des Kellners dieses ägyptische Lieblingsessen für uns bereitet hat. Eines hat sich in diesem Lande wirklich nicht geändert, die großartige Liebenswürdigkeit der lokalen Bevölkerung. Bekannt für ihren Humor haben sie für sich einen Weg gefunden, mit allen Miseren der Politik und des Alltags fertig zu werden, dafür allein verdienen sie meine tiefste Bewunderung.