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Ein japanisches Wintermärchen, Teil I

Die Kraniche von Hokkai

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Eine Stunde und dreißig Minuten und wir sind von Tokyo nach Kushiro geflogen, Tor zu den Kranichzentren dieser nördlichsten Großinsel Japans. Die Androhung, das Flugzeug müsse eventuell wegen starkem Schneefall wieder nach Tokyo zurückkehren, traf Gott sei Dank nicht ein. So landen wir bei grauem Himmel aber trocken und fahren in einer halben Stunde zum Akan International Crane Center um das japanische Symbol der Treue und Langlebigkeit im Freien zu beobachten. Der Tancho, wie die Japaner diesen wunderschönen Vogel nennen, ist in China und Japan hoch verehrt.

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Seit Jahren träume ich davon, diese Wunderwerke der Natur tanzen zu sehen, aber müssen es denn gleich nahezu 200 Exemplare sein? Überwältigt stehen wir am Ausguck, schon von weitem hören wir die trompetenartigen Rufe gehört, die winterliche Kulisse trägt zum unwirklichen Bild bei, verschneite Tannen, zwei Sitkahirsche, einer mit abgebrochenem Geweih, und unzählige stolze und lebhafte Mandschurenkraniche alle in greifbarer Nähe.

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Und tatsächlich tanzen sie, wenn auch nur hier und dort, in kleinen Gruppen, aufgeregt und wenig elegant springen sie um sich herum, heben ab um gleich darauf wieder zu landen, den Kopf wie zum japanischen Gruße senkend, sich wieder erhebend, zu zweit schreiend und trompetend durch den Schnee schreitend, unbeachtet von den anderen Großvögeln, welche eventuell in wenigen Minuten zu gleichem Ritus sich erheben. Ein erhabenes Bild, welches von dicker werdendem Schneetreiben untermalt wird, Raben, eine Marschmeise und Spatzen fallen ein, Singschwäne bewegen sich zwischen Kranichen, bald scheinen die Schwäne in ihrer Zahl die Kraniche übertreffen zu wollen, aber wie auf einen Wink hin sind sie wenig später alle verschwunden.

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Punkt zwei Uhr kommt der Nachfolger des Retters der Kraniche, aus der gleichen Familie stammend wie der berühmte Herr Yamazo, welcher in den dreißiger Jahren durch seine Fütterungsaktion den Kranichen das Überleben ermöglichte. Damals nicht mehr als 30 Paar sind heute wieder 1500 Japankraniche als Standvögel auf Hokkaido zu Hause. Morgens wird Mais auf die tief verschneiten Wiesen gestreut, aber zum Lunch gibt es frischen Fisch, die Kraniche machen sich unaufgeregt darüber her, aber der reich gedeckte Tisch lockt nun Seeadler an, die in recht großer Zahl sich auf die besten Happen stürzen und damit dich die Kraniche aus ihrer Ruhe reißen. Schneegestöber unterstreicht die mystische Szene, Zweikämpfe zwischen Kranichen und Adlern werden geboten, Aktion pur, bis schlagartig auch diese Show vorbei ist.

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Die Kraniche übernachten in den nie gefrorenen Flüssen der Umgebung, geschützt vor Rotfüchsen, welche die Gegend unsicher machen. Also heißt es, früh aufstehen, wenn man auch dieses wunderbare Schauspiel genießen will. Von der Straßenbrücke hat man einen wunderbaren Blick auf die eisige Wasserlandschaft.

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Ab neun Uhr machen sich die stolzen Vögel wieder auf zu den Futterplätzen, kaum sind sie gelandet, beginnt ihr aufgeregter Tanz aufs Neue, Luftsprünge und Schneelandungen würden die Truppe von John Neumeier verblassen lassen, ganz großes Bolschoi im Schnee, Tanz der Stunden und Kranichsee in einem, nie hätte ich mir träumen lassen, dass man dieses Naturwunder so aus der unmittelbaren Nähe erleben darf. Ein Wintertraum, bereits der Zweite in diesem wunderbaren Jahr!

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