Der Shinkansen fährt in weniger als zwei Stunden durch Zentralhonschu nach Nagano, der Olympiastadt von 1998. Für uns beginnt hier das letzte Abenteuer der Reise, in einer Stunde sind wir in den japanischen Voralpen, eingehüllt vom dicken Schnee und halten vor einem absoluten Märchenhaus, einem winzigen Ryokan mit nur 8 Zimmern. Idylle schlechthin, Schuhe aus und Hausschuhe an, die Zimmer sind riesige Appartements, das beste ist der immer heiße Zuber, ein privater Onzen mit offenem Fenster, es dampft, man sitzt wie ein Schneeaffe im 40 Grad heißen Quellwasser und schaut auf die niederfallenden Schneeflocken.
Romantischer geht nicht, wir sind im Wunderland. Das Dinner ist vom Feinsten, man vergesse alle Michelinsterne mit ihren ewig albernen und leeren Tellern, Japans Küche ist unbeschreibliche hohe Kunst für Auge und Gaumen. Gott sei Dank haben wir hier 2 Nächte gebucht, alles andere wäre unvergebbare Sünde gewesen.
Es hat die ganze Nacht geschneit, so dass der fast zwei Kilometer lange Weg zu den weltberühmten und vielbesungenen Schneeaffen tief verschneit daliegt. Das Haus hat uns Gummistiefel gestellt, deren Wert wir bald zu schätzen wissen. Statt der üblichen 20 Minuten brauchen wir fast eine Stunde, ein schönerer Wald ist kaum zu denken, man hat unwillkürlich Jingle Bells im Kopf, es Weihnachtet mächtig. Am Eingang zum Affen-Onzen, dem Privatbad der Schneeaffen, zahlt man Eintritt und wir müssen warten, der Pfad muss erst freigeschaufelt werden, als wären wir nicht auch ohne Geschaufel wunderbar dich den Wald gekommen.
In der sogenannten Höllenschlucht liegen mehrere malerische Holzhäuser, Onzen, drei Ausländer sitzen in heißem Bad, für alle anderen Affen sichtbar. A späten Nachmittag sitzen im gleichen Bad drei Affen, wer weiß, wer da mehr Flöhe mitbringt. Nur wenige Minuten trennen uns noch von den Stars der Manege, unterwegs kaut ein Affe verzweifelt an einem Stück Rinde, weitere tollen im Schnee und probieren sich an der Kalorienfreien Kost. Emsig und übermütig tollen sie herum, nur die intelligenteren liegen bereits im heißen Quell, den man extra für die Affen gebaut hat, nachdem man festgestellt hatte, dass die Affen heimlich die menschlichen Bäder missbrauchten.
Der ewige Dampf lässt die Onzenanlage fast mystisch erscheinen, zwischen Dampfwolken macht man knallrote Gesichter aus, Affenmütter und Affenpaschas sitzen dösend in der einschläfernden Flut, Affenkinder Tollpatschen herum, schwimmen und tauchen, sehen nass aus wie begossene Pudel.
Es wäre nicht auszuhalten, würden die überflüssigen Chinesen, Franzosen, Amerikaner und Japaner nicht in dichten Gruppen um den Pool herumstehen, man muss sich an diese Meute gewöhnen, irgendwie gelingt es zumindest mir, sie einfach zu ignorieren und mich den Affen zu widmen, welche mich heute daran zweifeln lassen, ob irgend eine andere meiner Reisen mit dieser hat mithalten können, es ist einfach zu schön, was wir im winterlichen Japan erleben durften.
Schneeflocken sind noch immer unterwegs, nur ab und zu zeigt sich ein blauer Fleck am Himmel, Mensch und Affe warten sehnsüchtig auf die Sonne. Ein paar Affenjunggesellen haben schlechte Laune, eine Äffin kann sich gerade noch einer Vergewaltigung im Schnee entziehen, geschockt und mit Schnee bedeckt nimmt sie Reißaus. Am schnell dahinfließenden Fluss hat man Samen ausgestreut, die Affen suchen im Schnee nach der willkommenen Aufbesserung ihrer sonst im harschen Winter so kargen Kost.
Am späten Nachmittag, alle Besucher sind bereits verschwunden werden sie noch einmal gefüttert und grasen im Schnee wie eine Herde dunkler Schäfchen, emsig mit ihren Händen den Schnee durchwühlend. Wir haben heute großes Glück und so ziemlich alle 160 Affen gesehen, welche diesen Onzen ihr Eigen nennen, andere Stämme dürfen sich hier nicht blicken lassen, die Affen des Höllentales sind weltweit die Einzigen, welche über ein eigenes Spa verfügen. Man neidet es ihnen, schaut in ihre glücklichen Gesichter, sehnt sich nach solch äffischer Fürsorge und möchte am liebsten mit ihnen in dieser göttlichen Heißwasserwanne sitzen, in keiner Saune der Welt könnten die Menschen glücklicher aussehen als in diesem unbeschreiblichen Wintertal mitten in Japan.