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Antarktis – Teil IV, Familienglück der Pinguine

Morgen um 06.30h schiebt sich die MS Bremen ganz langsam auf den vielbesungenen Lemaire Kanal zu. Eis liegt quer zur Fahrrinne, die schwarzen und unter der Schneelast kaum auszumachenden Berge wirken im eigenartigen Morgenlicht bedrohlich, große Schollen kommen dem Schiff bedenklich nahe und das Ganze wirkt wie das Tor zum Jenseits, wie die Zufahrt nach Walhall, ich würde ich nicht wundern, wenn plötzlich Drachenboote hinter dem nächsten Kap hervorkämen und unser Schiff einnehmen würden. Der Himmel ist von einem schweren Gewittergrau, der den Schnee und die uralten Vereisungen noch unheimlicher hervortreten lässt, tiefes Blau bricht tiefe Furchen in die Gletscher, kein Lebewesen lässt sich blicken. Trotz aller Bedenken aber liegt nach passieren der engsten Stelle niemand auf der Lauer, die Bucht weitet sich und das Schiff kommt zum stehen.

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Eine winzige Bude auf einer eisigen Felseninsel zeugt von Leben, Eselspinguine verwehren einem fast das betreten der Petermann Insel. Dicht gedrängt nisten sie in ihren schmuddeligen Steinkreisen, ihre hellen Oberhemden sind fast alle bekleckert, zwischen den Füßen der Erwachsenen sitzen verängstigt piepend jeweils zwei Küken, eines jeweils wesentlich größer als das andere. Zweifellos die bislang hübschesten Nesthäkchen der Reise, versteckt zwischen den Beinen und dem Unterleib ihrer Eltern blinzeln sie in die Welt und rufen wie immer um Nahrung.

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So sind sie geschützt von den Skuas, den Raubmöwen, die sich immer wieder blicken lassen und von erschreckten Muttertieren weggefaucht werden. Leben, und Leben lassen, manchmal kann die Wirklichkeit hart sein. Wir werden Gott sei Dank nicht Zeuge eines Kükenkills und können also beruhigt weiterziehen, vom höchsten Punkt der Insel werden wir mit einem großartigen Ausblick auf sich gegenseitig blockierende Eisberge belohnt, der Ausblick erinnert ein bisschen an die Discobucht in Grönland. Zwei Buckelwale ziehen ihre Bahn, sind aber nicht gewillt, uns mit ihren Sprungkünsten den Morgen zu versüßen.

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Somit schauen wir einfach den Eselspinguinen zu, wie sie stolpern und wackelnd ihre Wege durch den Schnee zurücklegen, tiefe Gräben führen aus allen Richtungen zu ihren Nistplätzen. Wieder ein solches Plätzchen zum verweilen, zum verlieben, welch wunderbarer Gedanke, hier ein paar Tage in der Schutzhütte der Argentinier verbringen zu dürfen, ohne jegliche Menschen, ganz alleinmit der Natur. Aber das sind unerfüllte Träume, also lassen wir die Insel und ihre Bewohner wieder allein und steuern noch einmal, inzwischen bei anderem Licht, durch den Lemaire Kanal. Der südlichste Punkt unserer Reise liegt nun hinter uns und langsam aber sicher geht es wieder Richtung Argentinien.

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Der südlichste Souvenirladen der Welt, auf der Goudier Insel mit der britischen Station Port Locktroy, mit angeschlossenem Museum und Post-Office ihrer Majestät. Die Britten haben hier das Sagen, nehmen die Postkarten entgegen, unterhalten sich mit den Besuchern. Wie sie es aushalten, in dieser wunderschönen Umgebung nicht am Gestank der unendlichen Eselspinguine zu verzweifeln, ist mir ein Rätsel. Schon von weitem beißt der Geruch in der Nase, die steinige Inseln versinkt förmlich in der Pinguingülle. Aber wer achtet schon darauf, wenn das Empfangskomitee aus lauter glücklichen Familien besteht, Müttern, gesegnet wieder mit den zwei süßesten Babies der Welt, pummeligen Wollknäulen aus Flaum und rotem Schnabel.

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Die durchdringenden Schreie der Vögel, denen sie ihre Namen zu verdanken haben, sind überall zu hören, große Gruppen von Ringforts aus schmutzigen Steinen sind besetzt mit brütenden und wachenden Pinguinen, Scheidenschnäbel spazieren durch die Kolonien und werden argwöhnisch betrachtet. Wir kommen unmittelbar an die Nester heran, sie liegen einfach überall, zwischen der Hütte, dem Museum, den Bootsresten und den Schlitten, welche auf dem Felsen auf ihren Wintereinsatz warten. Die wenigen Forscher dieser Station haben sich auf einer winzigen Insel inmitten einer eisig-verschneiten Bucht niedergelassen, der Rundumblick bietet ein fantastisches Alpines Panorama, aber wenn im Hochsommer das Thermometer 1 – 2 Grad Celsius zeigt, wie kalt muss es dann hier im Winter sein. Kein Pub, kein Auslauf, nichts als Schnee und Eis und natürlich nach Abzug der Pinguine eine fast Totenstille. Diogenes im Eis, immerhin inzwischen in einer beheizbaren Nissenhütte, die vier alten Schlafkojen sind heute Teil des Museums. Ich wäre gerne länger geblieben, aber es muss nicht gleich der ganze Winter sein…

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Nach Verlassen der Port Lockroy Station fahren wir langsam durch den majestätischen Neumayer Kanal, dicke Schneeberge auf schwarzen Bergen, Eisberge und eisige Winde. Immer wieder staunt der Mensch über die Großartigkeit und gleichzeitig trotz all ihrer Schönheit und Faszination feindlichen Landschaft. Und glaubt, nie etwas Schöneres gesehen zu haben, als das Glitzern und die Lichtreflexe in der vielbesungenen Paradiesbucht. Uns ist die Zeit nicht gegeben, hier mit den Zodiaks näher an die blauen Eisberge heranzukommen, so genießen wir die märchenhafte Fahrt vom Schiff aus, können uns nicht sattsehen an den ewig wechselnden Panoramen Formen, Farben. Wale, Blas und ein See- Leopard zum Abschied, es fehlt nur die passende Musik, um dieses ganz große Naturtheater noch zu unterstreichen. Ein Tag neigt sich mit nicht zu übertreffender Grandesse dem Ende zu…

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