Die See ist ruhig, kaum ein Windhauch, keine Wellen, die Schaumkronen von gestern sind verschwunden. Flache Steininseln um uns herum, wenige Häuser, am Strand ein Wrack, das alte Klo lugt durch die vermoderten Planken. Eine feuchte Anlandung, Teer am Strand, eine Gruppe Blutschnabelmöwen strebt behände durch das flache Wasser, Kelpgänse machen es ihnen nach. Ein Karakara sitzt auf nur einem Bein auf dem Dach des kleinen Museums, welches an die ehemalige Walfangstation erinnert. Durch Gräser und an Kaninchenlöchern vorbei führt der Weg zur anderen Seite der Insel, hohe Klippen ragen in der Ferne auf, in den hohen Gräsern futtern Magellangänse. Die Luft ist kühl, es wird lauter, ein merkwürdiger Geruch zieht auf, in knapp 10 Minuten liegt die Ursache des Gestanks in Sichtweite, tausende von Felsenpinguinen, Blauaugenkormoranen und Schwarzbrauen-Albatrosse teilen sich insgesamt drei große Flächen, Schützen sich gegenseitig vor der Skua, der Raubmöwe, die geduldig auf ihre Opfer wartet.
Blauaugenkormorane haben als Kennzeichen ihrer Rasse nicht nur die besagten Augen, sondern auf ihrem Schnabel eine Art orangefarbener Wulst wie aus kleinen Sanddornbeeren oder Wucherungen, schwarzes Gefieder am Rücken und Hals und eine weiße Brust. Ihre Brut ist fast schon so groß wie die ausgewachsenen Vögel, jedoch haben sie sich in graubraunes gefussel gekleidet und der Wulst ist noch nicht sichtbar. Zischen ihren Nestern wandern, tief gebeugt wie alte Männer, irgendwie an Churchill erinnernd, die witzigen Felsenpinguine, ihre Frisuren sind der Hit, helle Wimpern sprießen ihnen links und rechts vom schwarzen Schopf, ein heller Streif geht von den Augen aus und geht in die gelben Seitenwimpern über. Kaum 40 Zentimeter groß haben auch die Rockhopper, wie die Engländer diese Pinguinart dank ihrer Hüpfkünste nennen, bereits ihren Nachwuchs, wie kleine Kartäuser stehen sie im Schatten der Felsen oder ihrer Eltern, schauen verwirrt in die Welt und haben in der Farbwahl ihrer Kleider den gleichen Geschmack wie die Kormoranjungen.
Die Luft ist voller Leben, Schwarzbrauen- Kormorane ziehen unaufhörlich ihre Bahnen, so schnell, dass man sie fotografisch einfach nicht erwischt. Inmitten der Pinguinkolonie haben auch sie ihre Nester aufgebaut, Topfähnliche Aufbauten von wenig Eleganz, in denen jeweils ein graufarbenes Jungvögelchen sitzt, welches von der sorgsamen Mutter fast erdrückt und ständig geputzt wird. Ein Bild der Schöpfung, ein Bild der Freude, hinter den Kolonien das blaue Meer, darüber der kalte unendliche Himmel. Einen schöneren Auftakt zur Antarktisreise kann man sich nicht wünschen.
An den wenigen Häusern vorbei, der Union Jack ist gehisst, zu einem der Häuser führ ein doppelteer Walkieferbogen, geht es dann alleine zu einer kleinen Brutkolonie der Blutschnabelmöwen, ein schwarzer Austernfischer sucht sich in ihrem Schutz die Nahrung, eine Falklanddrossel macht ein drohendes Gesucht und am Ende des Spazierganges strebt ein Austernfischer an einer strahlend weißen Kelpgans vorbei und sorgt für einen wunderbaren Farbkontrast. Ein Morgen in einem Paradies, ein Traum, der in Erfüllung ging.
West Point Island, Hope Harbour, Falklands
Das Wasser ist Spiegelglatt, die Überfahrt kurz, schwarz-graue Delphine flitzen durch das Wasser und unter den Zodiacs hindurch. Ein paar windgebeugte Bäume überraschen und ein deutsch-schwedisches Weltumseglerehepaar begrüßt an der festen Pier die Gäste. Dann geht es fast 2 ½ Kilometer über die Insel, ein leichter Anstieg bei heftiger werdendem Wind, der die Regenwolken daran hindert, über uns aufzubrechen. Und dann das Wunder der Insel, die riesige Rookery der Felsenpinguine und Schwarzbrauen- Albatrosse, an die man hier noch näher herankommt als auf New Island. Im hohen Tussockgras sitzen die Albatrosse ungestört und nehmen keinerlei Notiz von uns Rotjacken. Anders als am Vormittag ist man hier noch mit reger Balz beschäftigt, die Männer trompeten den armen Weibchen ins Ohr, reißen die Schnäbel auf zu einem Konzert der hohen Töne. Dazwischen machen sich quiekende Pinguinbabies bemerkbar, reißen den Eltern die halb verdauten Brocken aus dem Schlund, man ist dankbar, nicht als Pinguin auf die Weltgekommen zu sein. Schnäbeln, Küken bewachen, für Futter sorgen und sich ständig putzen, so ein Albatrossalltag scheint sehr abwechslungsreich zu sein. Saubermachen ist den Felsenpinguinen eher ein kleineres Bedürfnis, ihre Kleinen sehen alle leicht verschmutz aus und auch auf den Muttertieren zeigen sich Reste des Tagesmenus am Pelz. Die Klippen im Hintergrund wirken bedrohlich, es ist eine großartige Kulisse, ein mit Drachenkopf versehenes Wikingerschiff würde hierzu passen. Aber man kann nicht alles haben, also machen wir uns auf den Rückweg und kehren, auf die angebotene Tea time beim örtlichen Ehepaar verzichtend, gerne wieder an Bord zurück. Ein ganz großer Tag als Auftakt zu einer hoffentlich ganz großen Reise!