Der Staub bildet einen Schleier vor dem aufregenden Spektakel, verdeckt die beiden Torplätze und treibt einem die Tränen die in die Augen. Neun wilde Reiter verfolgen einen Ziegenkorps, der präpariert wurde zum heißesten Reiterspiel der Welt. Ohne Kopf aber mit Beinen und Bocksmerkmalen wird der Hauptgegenstand des eifrigen Gefechts mit hektischen Bewegungen vom Boden aufgehoben, auf den Sattel gezerrt, mühsam versucht nun der Reiter, den Ziegenbock ins Ziel zu galoppieren, einem Sandplatz, abgesteckt mit alten Autoreifen. Wie der Blitz folgen ihm die feindlichen Gegenspieler, die Pferde sind schweißgebadet, anders als beim ähnlich schnellen Polo werden sie nicht während des Spiels ausgewechselt.
Kurz vor dem Ziel wird der Gejagte eingeholt, man zerrt an dem Bock, fällt fast vom Pferd, die Ziege wird immer staubiger, unansehnlicher, und fliegt dann, schwer wie sie ist unter aufwirbeln von Sand und Staub ins Ziel.
Die schlanken Zuchtpferde mit ihren kleinen, schmalen Köpfen rasen über das Feld, wie im alten China dargestellt nur noch mit einem Bein den Boden berührend, so müssen die blutschwitzenden Pferde der chinesischen Kaiser beschaffen gewesen sein, welche im Ferganatal gezüchtet wurden. Nur wegen ihnen waren die Chinesen zum Handel mit den Barbaren bereit, schon in der riesigen Armee des Kaisers Qin stehen diese schönen und feurigen Tiere in Reih und Glied als Teil der weltberühmten Terrakottaarmee.
Diese aufregenden Reiterspiele sind nicht nur den Kirgisen bekannt, auch in Afghanistan, Pakistan und der Mongolei finden ähnliche Wettkämpfe statt. Ursprünglich sind sie wohl hervorgegangen aus den Überfällen diverser Nomadenstämme auf feindliche Jurtenlager, aber noch heute lernt jedes Kleinkind auf dem Lande reiten, es ist unglaublich, wie die jungen Burschen sich im Sattel halten, dabei Ziegen oder Blumen im rasenden Galopp vom Boden aufheben, sich nur mit einem Fuße noch im Steigbügel haltend.
Das auch die Mädchen die Kunst des Reitens beherrschen, zeigt uns die junge Dame, welche den ihr einen Kuss geraubten Frechling mit der Peitsche verfolgt und dabei sehr erfolgreich zuschlägt. Archaisch, sicher, auf uralte Traditionen basierend, die Gott sei Dank noch nicht verloren sind.
Dass die Kirgisen genau wie die benachbarten Kasachen noch eine weitere Kunst aus alten Zeiten beherrschen, zeigt die Jagd mit dem Goldadler. Schon als Jungtiere werden die jungen Adler im Hochgebirge aus den Nestern geraubt, an ihren neuen Herrn gewöhnt und zur Jagd auf Pfeifhasen, Füchse und Vögel abgerichtet. Gerne führen die Adlerbesitzer ihre Jagdwaffe vor, der Adler schießt blitzschnell auf das Opfer, dem Hasen bleibt wirklich keine Minute in Ruhe zu sterben und qualvoll geht er seinem Ende entgegen. Nomaden, welche ihre Herden zu schützen haben, sind dabei sicher nicht zimperlich, habend er Natur gegenüber eine andere Einstellung als verwöhnte Stadtmenschen. Aber in der freien Natur herrschen nun mal andere Gesetze und man auch hier nur hoffen, dass diese jahrhundertealte Jagdtradition in die nächsten Generationen hinübergerettet werden kann.
Zur Adlerjagd siehe auch
https://www.reisediwan.com/mongolia-part-iii-golden-eagle-festival-in-western-mongolia/